matthias franke | 04.04.1997

Von Kindesbeinen an getreten: Die Füße


Die meisten Kinder werden mit gesunden Füßen geboren. Doch etwa 80 Prozent der Europäer haben verformte Füße. Falsches Schuhwerk ist der Hauptgrund dafür, daß gesunde Kinderfüße langsam krank werden.



Der Fuß: ein empfindliches Wunderwerk

Die Füße tragen ein ganzes Leben lang unser Körpergewicht. Beim Laufen, Springen oder Tanzen vollbringen sie täglich Spitzenleistungen. Um das alles zu bewerkstelligen, verfügt der Fuß über ein sehr empfindliches System aus 28 Knochen mit zahlreichen Muskeln, Sehnen und Bändern.

Es hat weitreichende Folgen, wenn dieses System gestört wird: Fehlstellungen der Füße beeinträchtigen die Körperhaltung und den gesamten Bewegungsapparat. Bandscheiben sowie Hüft- und Kniegelenke werden überlastet, so daß sie sich vorzeitig abnutzen. Viele Rückenbeschwerden entstehen durch Fehlstellungen der Füße. Trotzdem wird zu wenig auf die Gesundheit der Füße geachtet.



Wo der Schuh drückt...

Die meisten Babys haben bei der Geburt noch gesunde Füße. Doch im Laufe des Wachstums kommt es durch falsches Schuhwerk oft zu Fußschäden. 25 Prozent der Schulanfänger haben schon verformte Füße. Bei den 10-jährigen steigt der Anteil der Betroffenen auf fast 50 Prozent.

Die Ursache: Erst während des Wachstums erhält der Fuß die nötige Spannung, um das Fußgewölbe auszubilden. Vor allem Kleinkinder haben noch sehr weiche und biegsame Füße. Die Muskeln, Gelenke, Bänder und Knochen sind noch nicht gefestigt. Sie passen sich schmerzlos auch Schuhen an, die ganz und gar nicht passen. Also merken es Kinder oft nicht, wenn der Schuh drückt.

In Deutschland führt das Schuhinstitut (DSI) eine jährliche Meßaktion von Kinderfüßen durch. Während der letzten 10 Jahren wurden hierbei etwa 2 Millionen Kinder untersucht; die Hälfte von ihnen trug zu kleine Schuhe.



Die Schäden durch falsches Schuhwerk

In harten, kaum flexiblen Schuhen werden die Fußmuskeln zu wenig trainiert. Daher baut der Fuß nicht früh genug die nötige Spannung auf, um Verformungen Stand halten zu können.

Das Wachstum der Kinderfüße wird durch zu kleine Schuhe gehemmt. Die Zehen werden gestaucht und allmählich verbogen.

Zu spitze Schuhe verursachen eine schiefe Stellung der Zehen.

In zu großen Schuhen findet der Fuß keinen Halt, so daß die Zehen versuchen, sich festzuklammern (Krallenzehen). Langfristig kommt es auch zu einer einseitigen Überbelastung bestimmter Muskeln, was zum Beispiel einen Spreizfuß entstehen läßt.

Knick-, Senk- oder Plattfüße, Hammerzehen und schiefe Zehen sind nur einige der Schäden, die individuell je nach Fuß und falschem Schuhwerk entstehen. Die Belastung durch Übergewicht kann ebenfalls eine Ursache für Fehlstellungen des Fußes sein.



Kinderfuß ist nicht gleich Kinderfuß

Kinderärzte raten vom Auftragen benutzter Schuhe ab. Jeder Fuß tritt sich im Schuh ein Fußbett, das später einen anderen Fuß nur verformen würde.

Um für das Kind individuell den richtigen Schuh zu finden, sollten sich Eltern und Schuhverkäufer/innen des WMS-Systems bedienen. WMS meint "Wachstum mit Sicherheit" oder auch "Weit, Mittel, Schmal". Schuhe mit dem WMS-Siegel werden für unterschiedliche Längen jeweils in mehreren Weiten angeboten. Für die im Schulalter oft riesigen Füße der Jungs gibt es inzwischen "superweite" Schuhe. 15 Firmen produzieren Schuhe mit WMS-Gütesiegel.

Kompetentes Verkaufspersonal mißt die exakte Länge und Weite des Kinderfußes und findet so die entsprechend genormten WMS-Schuhe. Das Drücken mit dem Daumen ist dagegen keine zuverlässige Methode, um herauszufinden, ob der Schuh paßt.

Die Schuhe sollten eine flexible Sohle haben. Das Material muß - wie zum Beispiel Leder oder Textilien - atmungsaktiv sein und den Schweiß aufsaugen.



Kinderfüße wachsen schnell

Mit dem Kauf der ersten Schuhe muß damit begonnen werden, die Füße regelmäßig messen zu lassen. Kinderfüße wachsen schnell. Daher sollte alle drei bis vier Monate überprüft werden, ob nicht schon wieder größere Schuhe notwendig sind. Zwischen dem zweiten und siebten Lebensjahr ist es keine Seltenheit, wenn Kinder in einem Jahr dreimal neue Schuhe brauchen.

Kinderschuhe sind teuer. Doch im Interesse der Gesundheit sollte nur gespart werden, indem man Auslaufmodelle aus der letzten Saison kauft.



Barfuß geht`s besser

Hierzulande sind Schuhe als Schutz gegen Kälte und harten Untergrund nötig. Doch barfuß zu laufen, ist am gesündesten für die Füße. Daher sollten Kinder - wie auch Erwachsene - auf Teppich, Holzboden, Gras oder Sand so oft wie möglich auf die Schuhe verzichten. Das fördert die Durchblutung, trainiert die Beweglichkeit und das Abrollen des Fußes von der Ferse über die Außenkante bis zu den Zehen. Auf natürliche Weise werden so die Fußmuskeln gestärkt.



Laufenlernen

Erst wenn sich Kleinkinder von allein zum Stehen hochziehen können, sind ihre Füße und der Bewegungsapparat stabil genug, um das Laufen zu erlernen. Die von sogenannten "Lauflernhilfen" erzwungene aufrechte Haltung belastet die Füße von Kleinkindern zu früh. Für das Kind ist es gesünder, etwas später - aus eigenem Antrieb - Laufen zu lernen und ausgiebig zu krabbeln.

Schuhe dienen vor allem als Schutz im Freien. Zum Laufen lernen in der Wohnung sind also nicht unbedingt feste Schuhe nötig. Ohnehin sollte ja so oft wie möglich auf Schuhe verzichtet werden. Rutschfeste Socken, die nicht einengen, sind in der Wohnung die bessere Alternative.



Fußgymnastik

Schon ab dem dritten Lebensmonat ist ein wirkungsvolles Fußtraining für Babys möglich: Wenn man einen Finger unter die Zehen legen, wird ihn das Baby automatisch umklammern. Berühren man hierauf den Fußrücken, wird das Baby den Fuß strecken. Auf diese Weise wird die Fußmuskulatur des Kindes stimuliert.

Ist das Kind größer, kann die Fußgymnastik zum Spiel werden: