am Mittwoch, den 05.01.2000

Werner blieb versteinert stehen, so daß Luise sich noch einmal umdrehte, um ihn zur Verfolgung aufzufordern. Obwohl Luise ständig hysterisch Lachen mußte, legte sie doch ein gewaltiges Tempo vor, so daß Werner Mühe hatte, sie in den Fluren des **Wohnheims nicht aus den Augen zu verlieren. So rannte er mit verbissener Mine seiner Zimmernachbarin hinterher, die immernoch ihr wieherndes Lachen ausstieß und offenbar großen Spaß an diesem Auffrischen von Kindheitserinnerungen an wilde Versteckspiele hatte. Werner hatte das Gefühl, sein Kopf müsse jeden Augenblick explodieren. Beim Ausatmen hatte er jedesmal Angst, die schmerzende Lunge könnte sich mit ihrem Drängen, durch seinen viel zu engen Hals endlich nach draußen zu gelangen, durchsetzen. Zimmertüren **wurden aufgerissen und nach dem ersten Kopfschütteln über die beiden verrückten klatschten die meisten Bewohner Beifall und feuerten Jäger und Gejagte zu sportlichen Höchstleistungen an. Es schien kaum eine Chance zu bestehen, daß Luise von diesem Spiel irgendwann genug haben würde. Völlig erschöpft streckte also Werner erneut die **Waffen, ging langsam in die Knie und

konnte

nun endlich seine Hände gegen die Schädeldecke pressen, um sie am platzen zu hindern. Erst nachdem das gestrige Abendessen auf dem Flur lag und die verantwortungslos überlastete Asthmatikerlunge den Körper nicht mehr verlassen **wollten, **wurden die vielen Zimmertüren in einem Ausdruck des Ekels vor dem chinesischem Menü wieder geschlossen und das Spektakel schien endlich beendet zu sein. Luise **war sichtlich enttäuscht, doch Werners pfeifendes Atmen **weckte doch soviel Mitleid in ihr, daß sie ihm den Brief zurückgab und für die Reinigungsarbeiten einen Putzeimer sowie eine halbe Rolle ihres extraweichen Toilettenpapiers zur Verfügung stellte. Werner zwang sich, ein "Danke" herauszupressen und kroch in Richtung seines Zimmers, während Luise immer wieder verständnislos den Kopf schüttelte und meinte, man könne ja nicht ahnen, daß er sich **wegen eines Briefes gleich so aufrege, so ein Theater mache und dabei nicht mal fit genug sei.