am Freitag, den 31.12.1999

Werner bemerkte ihn nun schon zum zweiten mal, den fülligen Herrn im grünen Lodenmantel mit dem Gamsbart am Hut. Er stand wieder einmal hinter ihm an der Ampel. "Nachher würde der Grüne sicher wieder unbeweglich in die Ferne starrend an einem Schaufenster stehen und sich kaum nachdem Werner vorbeigegangen **war schlendernd in die gleiche Richtung **wenden. Werner überlegte, um **wen es sich **wohl handeln könnte. **Wagten die es tatsächlich, ihm so jemanden hinterherzuschicken? **Was dachten die sich eigentlich dabei? Die mußten doch davon ausgehen, daß sie es mit einem Mörder zu tun haben! Wie

konnte

n sie ihm da nur eine solche Witzfigur an die Fersen heften **wollen?" Werner ärgerte sich. Immer **wenn ihm die Tatsache, daß er unter Mordverdacht stand auch nur ein kleines bisschen stolz machte, **wurde dieses hehre Gefühl durch irgendwas zerstört. Diesmal **war es die Polizei, die ihm da scheinbar eine ganz und gar indiskutable Beschattung zukommen ließ. Diese Typen schienen Werner also doch nicht für ganz so voll zu nehmen, als er es sich erdacht und gewünscht hätte. Doch das ganze hatte natürlich auch seine positiven Seiten. Der Verdacht konnte nicht ganz so dringlich sein, **wenn man sich nicht einmal die Mühe einer nicht ganz so unprofessionellen Observation machte. Dieser Gedanke beruhigte Werner nun wieder. Langsam **wechselte er die Straßenseite, um hier gemächlich auf die Bushaltestelle zuzuschlendern. In circa 4 Minuten mußte der nächste Bus kommen, außer ihm **warteten nur eine ältere Dame mit Einkaufstasche und drei etwa 12 jährige Kinder auf dem Bus. Werner stellte sich ein **wenig abseits, er haßte Kinder. Oft hatte er überlegt, **woran es liegen könnte, daß er Kinder - und **waren sie noch so herzzerreißend artig - nicht leiden konnte. Die drei Mädchen **waren tatsächlich recht brav, saßen auf den Sitzen der Bushaltestelle und ließen im gleichen Rhythmus die Beine baumeln, **wozu eines ein Lied zu summen schien. Irgendwann hatte Werner selbst überlegt, ob sein Hass nicht eigentlich eine neurotische Angst vor Kindern verdecken könnte. Kinder hatten Werner schon immer irgendwie aus dem Konzept gebracht. Sie **waren unkontrollierbar, unberechenbar und vor allem nicht durch Argumente zu überzeugen. **Was aber noch schlimmer **war: Kinder hatten keine akzeptablen Umgangsformen, so daß Werner einfach nie **wußte, mit **welchem Benehmen er auf sie reagieren sollte. Kinder erzeugten während seiner Anwesenheit lediglich unangenehm peinliche Situationen, in denen Werner hilflos auf das **Wohlwollen von Eltern angewiesen **war, die aber den Nachwuchs nicht immer rücksichtsvoll beiseite nahmen, sondern oft auch einen heimlichen Spaß aus Werners Qualen zu machen schienen. Kurz: Werner hatte Angst vor Kindern, **wußte aber nicht genau **warum.